Internationale Sommerakademie für Bildende Kunst, Skulpturenpark

Hartwig R. Mülleitner, Bergstein – Bachstein, 1991, Untersberger Marmor, zweiteilig

„Zuerst ist der Stein, dann der Baum, und dann, irgendwann, dann erst kommt der Mensch. Umgekehrt ist es genauso. Ich bin der Nächste, der gehen wird. Dann die Bäume, die wir im Garten gesetzt haben. Und irgendwann vergeht auch der Stein. Zerbröselt. Wird zu Erde.“

 

Ich spaziere durch den Park von St. Virgil und es begegnet mir eine Reihe von Skulpturen aus Stein, die in ihrem stillen Dasein oftmals unbeachtet bleiben. Und während ich behutsam meine Schritte über die Schotterwege und das Gras setze, muss ich an den oben zitierten Satz von Karl Prantl, den bedeutenden österreichischen Bildhauer denken, der über viele Jahre hinweg Fragen des Lebens am Thema Stein abgearbeitet hat.

 

Die Werke, die mir auf meinem Weg durch den Park begegnen, entstanden in den 1980er und 1990er Jahren im Rahmen von Steinhauer-Symposien der Internationalen Sommerakademie Salzburg im Steinbruch der Kiefer GmbH in Fürstenbrunn. Geschaffen wurden sie von Künstlerinnen und Künstlern aus verschiedenen Ländern, die zum Großteil auch die Wahl des Standortes ihrer Steine im Park selbst getroffen haben. Den Stein als gewachsenen Organismus zu begreifen stand im Mittelpunkt des künstlerischen Schaffens. Im Gestaltungsprozess arbeiten die einzelnen Künstlerinnen und Künstler nicht gegen den Stein, sondern versuchen die materielle wie architektonische Besonderheit des jeweiligen Steins freizulegen. So bringen sie dessen verborgene, naturgegebene Gestalt zur Ansicht und Entfaltung.

Über die Jahre hinweg sind diese Steinskulpturen mit der Landschaft verwachsen. Im Einklang mit dem naturbelassenen Park stehen sie als Zeugen einer Erdgeschichte, die um vieles älter als die der Menschheitsgeschichte ist. In ihrer stillen Anwesenheit verkörpern sie etwas Unumstößliches. Sie weisen mich hin auf etwas Größeres, das vor mir war und nach mir sein wird. Schon im Alten Testament verweisen aufgerichtete Steinstelen auf die Gegenwart Gottes. Sie markieren Orte, an denen die bedingungslose, unumstößliche Liebe Gottes zu den Menschen offenbar wird. Wir Menschen, die wir als letzte auf diese Erde gekommen sind und als erste wieder gehen werden, dürfen auf einen Gott vertrauen, der unser Leben trägt und es auch über den irdischen Tod hinaus erhält.

                                                          

Günther Jäger, Mitglied des Kunstbeirates von St. Virgil