Peter Pongratz, Das Wirken des Geistes

Peter Pongratz, Das Wirken des Geistes, 1976, 5,70 x 25,40 m, Seccomalerei

Peter Pongratz, Das Wirken des Geistes, 1976, 5,70 x 25,40 m, Seccomalerei

Peter Pongratz, 1940 geborener, in Wien und Kroatien lebender Künstler, gehörte in den späten 1960er Jahren der Avantgarde-Gruppe „Wirklichkeiten“ an. Er wurde 1976 von St. Virgil mit der Gestaltung des Meditationsraumes, der heute als Seminarraum genützt wird, beauftragt. Pongratz interessierte sich nach seiner Ausbildung an Kunsthochschulen in Wien und Berlin vor allem für „nicht-akademische“ Kunst von Kindern, Menschen mit Behinderung und für indigene Kunstformen, weil sich diese unverbildet, subjektiv und drangvoll unbekümmert darstellen.


Das Thema seines monumentalen Wandgemäldes mit dem Titel „Das Wirken des Geistes“ ist demnach wie ein sehr direktes, kindlich anmutendes Panoptikum gestaltet: Die Weltschöpfung ist eine Ansammlung von Getier unter der Erdkruste, ein System wie aus dem Inneren des menschlichen Körpers, eine pumpenartige Industrieanlage vor dämmrigem Horizont, in der Herz-Lungen-Maschinen gleichsam den Kosmos am Leben erhalten – so blickt der Künstler unter die Oberfläche einer strahlend schönen Natur. Die Schöpfung der Welt steht im Mittelpunkt, das Wirken des Geistes liegt über der Szenerie; und doch zeigt uns der Künstler eine Welt jenseits des schönen Scheins und der idealisierten Idylle.


Mit introspektiver Schärfe legt er einen Schnitt durch sein Weltkonstrukt wie durch ein Präparat auf dem Seziertisch; unter der Haut, durch deren Schichten sich Haare, Adern, Poren nach oben drängen, west die gesamte Weltgeschichte seit dem Paleozoikum bis zum industriellen Zeitalter. Pongratz gestaltet das naturwissenschaftlich gesehene Bild der Erde als bildhaftes Märchen voller Phantasie und Imagination, sie ist seine Welt im Kopf – umgestülpt und vor uns ausgebreitet.


Die konkav gewölbte Form des Wandgemäldes, folgend der architektonischen Vorgabe, umarmt gleichsam den Besucher des Ateliers und bezieht ihn in die Schöpfungsgeschichte mit ein. Der Mensch als Krone der Schöpfung, ist als Betrachter real anwesend. In ihm vollendet sich das Prinzip der Durchdringung von Kunst und Natur, von Körper und Geist, von Gestaltetem und Gewordenem.


Antonia Gobiet, Mitglied des Kunstbeirates von St. Virgil