Josef Zenzmaier, Hl. Virgil

Josef Zenzmaier, Hl. Virgil, 1976, 280 cm, Bronze

Der Virgil ist der Josef, wie er aus der Wand schreitet und etwas vor (sich) hat – das verkörpert nicht nur einen Wesenszug des irischen Missionars, sondern auch des Bildhauers Josef Zenzmaier.

 

Er bildet für jeden, der St. Virgil betritt, einen herausfordernden Bezugspunkt und setzt in Säulenhalle einen markanten Akzent.

 

Der Dynamik, mit der Virgil im frühen Mittelalter in Salzburg wirkte, entspricht das Lebenswerk von Zenzmaier. Die Figuren, die er schuf, vermitteln auf ihre unverwechselbare Art auch einen Sendungsauftrag.


Woher beziehen sie ihre Kraft? In einem Interview im Katalog zur Ausstellung 1991 in St. Virgil sagte Zenzmaier dazu:

 

 „Leben ist Atmen und beim Atmen geht es um ein Innen und Außen. Ich möchte, dass man spürt, dass es hohl ist (…). Es muss auch möglichst hauchdünn gegossen sein, wie ein Segeltuch, wie wenn der Wind reinbliese. Diese Spannung, dass eine Kraft von hinten drückt, dann hat es erst Vehemenz.“


Die Figur des Virgil wirkt so spielerisch leicht. Wie beiläufig „erzählt“ sie  von Freude, Staunen, Lust, aber auch von Zweifel und Hoffnung. Diese Selbstverständlichkeit ist das Ergebnis einer lebenslangen Übung in der „Schule des Sehens“.

 

In Wachs aus  planen Platten mit der Gasflamme zu einem plastischen Raum zusammengebaut, hatte der Bildhauer aus Kuchl immer den Hohen Göll vor Augen. So kann der  in der eigenen Werkstatt in Bronze gegossen Virgil auch symbolisch als ein Gebirge gelesen werden, in welches aufgetürmte menschliche Erfahrungen eingeschrieben sind.

 

Was macht diesen Virgil aus? Scheinbar schwerelos schwebt er über dem Grund, losgelöst von der Erde und dennoch nicht ohne Bodenhaftung, mit einem Ziel vor Augen.

 

Er verkörpert das Prinzip des Maßvollen. Er will uns nicht belehren. Er verweist auf etwas, das sich lohnt, es anzustreben, ohne dass wir mutlos werden, wenn wir es nicht erreichen.

 

Er erzählt vom Nehmen, Verwandeln und Geben.


Wolfgang Richter, Vorsitzender des Kunstbeirates von St. Virgil

  

Manuel Gorkiewicz, o.T. (NUDE)

Manuel Gorkiewicz, Ohne Titel (NUDE), 2013, 150 x 150 cm, Makeup und Hautcreme auf Wand

NUDE. nackt.


Seit jeher wird die Wahrheit als nackter Körper repräsentiert und die Begegnung mit Nacktheit wird oft als ein Wahrheitsmoment im Leben empfunden. Sich-nackt-zeigen bedeutet, sich verletzbar zu machen, alles offen zu legen, sich keine Sicherheit zu errechnen. So ist Nacktheit im letzten Sinne kein Sein, ja, nicht einmal eine Eigenschaft. Sie ist Beziehung: zu mir selbst und zu anderen.


In seinem 2013 ohne Titel entstandenen Werk schafft der 1976 in Graz geborene Künstler Manuel Gorkiewicz mit den „Materialien“ Makeup und Hautcreme eine Art Wandmalerei. Das kreisrunde Bild gleicht einer Schminkpalette mit unzähligen hautähnlichen Farbtönen, dem das englische Wort NUDE eingeschrieben wurde.


NUDE. Nacktheit.


In seinem Werk spielt der Künstler mit der Illusion der Nacktheit. Durch den Schriftzug NUDE evoziert er in uns eine Vorstellung von nackter Haut, Intimität und Verletzlichkeit. Gorkiewicz greift zu Kosmetika und Makeup, um doch wieder zu verhüllen, was gezeigt werden soll - die Haut in ihrer scheinbar hüllenlosen Schönheit. Die Nacktheit, die uns Gorkiewicz so vor Augen führt, ist ein Unentschieden zwischen Hingabe und Angst, zwischen Wahrheit und Täuschung.


Günther Jäger, Mitglied des Kunstbeirates von St. Virgil


Wolfgang Hollegha, Altarbild für die Pfarre Unternberg

Wolfgang Hollegha, Altarbild für die Pfarre Unternberg, 1979, 420 x 210 cm, Öl auf Leinwand

Das ursprünglich für die Pfarrkirche Unternberg geschaffene Gemälde von Wolfgang Hollegha hat in St. Virgil eine neue Heimat gefunden. Es ist ein abstraktes Gemälde, dem der Künstler keine Deutung gegeben hat. Getreu einem Grundsatz moderner Kunst sollen Farben nicht länger Sichtbares wiedergeben, sie sollen vielmehr selbst sichtbar machen.


Ich sehe ein aufgestelltes Rechteck, das in seiner Form und seinen Farbflächen nach oben strebt. Das Wort der Messe „Erhebet die Herzen“ fällt mir spontan zu dieser Bewegung ein. So wurde das ypsilonförmige Zentrum des Bildes teilweise auch als Betender gedeutet, der sich nach oben öffnet.


In seinen warmen Farben wächst das Bild aus der Fläche heraus, dem Menschen entgegen. Die Buntheit des Bildes mag an einen Regenbogen erinnern, das Zeichen des Bundes zwischen Gott und Noah (vgl. Gen 9). Die  Farbakzente streben nach oben, oder kommen sie vielmehr von oben? Dann können sie an das bunt wirkende Feuer des Heiligen Geistes anspielen, dessen Einflugschneisen so verschieden sind wie die Neigung der Farbflächen.


Die  Farben umkreisen eine dunkle Mitte, sie wirkt entrückt. Was ist sie, oder besser: Wer ist sie? Christinnen und Christen erinnert sie  daran, dass Gott alle Bilder und Vorstellungen übersteigt und nicht darstellbar ist. Das unbekannte Dunkel ist keine Leugnung eines persönlichen Gottes, sondern eher ein Auge in die Tiefe hinein.


Roland Kerschbaum, Mitglied des Kunstbeirates von St. Virgil   

Karl Hartwig Kaltner, o.T.

Karl Hartwig Kaltner, ohne Titel, 2000, Öl, Collage auf Leinwand, 276 x 197,5 cm

Die Gestaltung der beiden Bilder von Karl Hartwig Kaltner im Foyer ist Reaktion und Antwort auf die vorhandenen architektonischen Elemente.


Ocker, Terra di Siena und warme Rottöne erden die technischen Strukturen im Eingangsbereich. Der Künstler fügt somit der materiellen, architektonischen Situation ganz bewusst eine spirituelle, in ihrer Wirkung entmaterialisierte und somit geistige Ebene hinzu.


Das Bild bei der Rezeption  unterstreicht mit roten Flächen wie das Züngeln oder Flackern einer Flamme (Pfingstwunder?) den eigentlichen Arbeitsbereich an der Rezeption. Kleine Felder aus Blattgold betonen dezent die Bedeutung dieser Zone und unterstreichen die Wertigkeit der Eingangssituation ins Foyer.


Diesen warmen, erdgebundenen Charakter der aufsteigenden roten Strukturen auf ockerfarbenem Grund stellt der Künstler in einer korrespondierenden Arbeit die Loslösung, das Transzendente  gegenüber. Karl Hartwig Kaltner macht dieses „sich Lösen“ zum zentralen Thema. Direkt vor dem Eingang zur Kapelle leitet der Künstler mit einem zweiten Bild den Besucher in eine sakrale Zone über. Deutliche Rinnspuren, ebenfalls in warmen Rot- und Ockertönen, weisen auf das „panta rhei“ der antiken Griechen hin, auf das ständige Verändern der Formen, auf Wandel, Bewegung, Transformation. Solches hat im christlichen Kontext mit Auferstehung, mit dem sich Lösen zu tun. Dieses Bild bereitet auf die geistige Ebene vor, der man in der Kapelle begegnet.


Beide Bilder leiten den Besucher, wirken und begleiten, ohne sich aufzudrängen, und stellen eine leise, für ein spirituelles Haus notwendige Präsenz dar.  


Antonia Gobiet, Mitglied des Kunstbeirates von St. Virgil